Mit mir und den Blogstöckchen ist es ja nun so: Sie kamen, gingen und ich beantwortete sie: Nie. Sie blieben stets liegen. Nicht ein einziges habe ich in meiner glorreichen 4 1/2 jährigen Bloggerkarriere aufgehoben. Manche wies ich mit umständlichen Erklärungen zurück, einige habe ich als Kommentar beantwortet. Ausufernd. Episch. Und irgendwann festgestellt: Das will keiner. Wirklich: Niemand.
Einige – und da wären wir schon mitten drin im Blogstock-Themengebiet – habe ich auch einfach verstreichen lassen: Leise und mit gesenktem Kopf, die Internet-Straßenseite gewechselt – nicht zurück gegrüßt. Nicht die feine Art. Eigentlich gar keine Art. Eine Unart. Und warum weiß ich gar nicht genau. Ich beichte.
Tja. Und genau darum geht’s dem Herrn Trotzendorff: Er möchte, dass ich beichte. Schonungslos. Bestimmt.
Nun. Im Prinzip gerne: Denn mein Hang zu offenen Offenbarungen ist mir über die Jahre treu geblieben. Genau genommen spielt die Erfindung des wunderbaren Internets, diesem jenem meinem Fieber durchaus in die ohnehin schon recht guten Karten.
Ein zweites Stöckchen, welches kürzlich bei mir eintraf, durch’s Internet geflogen kam, das bekam ich von dem Herrn Amaot. Ein Stöckchen mit elf Fragen: Elf Punkte zu denen ich nun zur Beichte schreiten werde. Ich kombiniere also. Quasi.
Eine Brücke
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Ein Tag ohne Gesetze
Ich würde mich in eine leere Wohnung hocken. Eine, die mir gut gefällt. Dort schlichtum bleiben. Für immer. Am nächsten Tag in Puschen und Schlafanzug durch den Hausflur streifen, als wäre ich seit jeher dort. Als Inventar.
Denn dieses Umziehen, dieses ewige Entwurzeln: Das liegt mir nicht. –> Von meiner heißgeliebten 1-Zimmer-Wohnung bin ja kürzlich (unter Tränen) zum Herrn S. gezogen: In eine 2-Zimmer-Wohnung. Und nun soll es bald weitergehen: In eine 3-Zimmer-Wohnung. Ebenfalls unter Tränen – voraussichtlich. Mir schwant jedoch, dass dies nicht das Ende sein wird: Dass es irgendwann weiterzugehen hat; in eine 4- oder gar 5-Zimmer-Wohnung. Und diesen jenen Zustand der 3-Zimmringkeit, ja, den würde ich nun bitte gerne überspringen. Kurz, schmerzlos und mit so viel alltäglicher Stille wie irgend möglich.
Foto aus deiner Kindheit
Spanien 1987 oder 88// Einschulung// Skifahren im Harz// Größtes Talent bisher: Laufen auf einem Ball. Mit 13//
Dein Vater
Über ihn wurde hier schon genug erzählt. Vorerst. Vielleicht, nehme ich mir irgendwann seine Bücher vor. Davon hat er nämlich noch mehr – wesentlich mehr als Fotos. Und sogar einen guten Freund, der für seine Bücher ein eigenes Haus hat.
Als ich sechs war, sind wir umgezogen: Es sollte von einem Miets- in ein Eigentumshaus gehen. Und genau da, hat mein Vater seine Chance gewittert: Hätte sich um ein Haar durchgesetzt. Dann wäre ich nun in einem ehemaligen und grundrenovierungsbedürftigen Hotel kurz vor Osterbrock (= irgendwo mitten im Moor) großgeworden. Mit Zimmern um Zimmern. Eins für die Weimarer Klassik, eins nur für Thomas Mann und drei für Mozart (in Schrift und Ton). Und noch mehr. Alle mit aufwendigen Deckenmalereien – natürlich. Am besten.
Kennst Du ein Gedicht
Auswendig? –> Ein besonders originelles jedenfalls nicht. Aber dafür Lieder. Jede Menge Lieder. Wobei „auswendig“ fast schon zu wenig Bedeutung parat hat – zu neutral ist. „Auswändig“ – ohne Wände also, würde besser passen.
Lieder von der Kelly Family wären da ein Beispiel. Und den Beatles. Mein erstes Herz, meine erste Verliebtheit, galt nämlich John Lennon. Ein tragischer Start. Der da und genau dort begann. Allerdings, und allseits bekannt war er ja nunmal schon tot – bevor ich geboren wurde.
Aber das soll sie noch nicht sein, meine öffentliche Verlautbarung. Ich hab da noch mehr: Vorher – und zwar mit elf, in etwa, da war ich glühender Udo Lindenberg Fan. Ich hatte alles: Platten. Poster. Und sogar einen Hut.
Im Stau
Stand ich auch schon. Kenne ich. Jedoch nur von der Rückbank aus – nicht als Fahrerin. Denn ich fahre seit über 10 Jahren genau deswegen unfallfrei, weil ich eben nicht fahre. Ich kann’s einfach nicht. Und, ja: Ich hatte Fahrstunden. Viele Fahrstunden. Schalten, lenken, nicht absaufen lassen – das war alles kein Problem. Auch in der Theorie war ich 100% fehlerfrei. Aber der Verkehr, die Anderen, die sind es: Das Problem.
Die Tatsache, dass ich irgendwann dennoch und ganz offiziell dazu berechtigt wurde ein Auto zu chauffieren, diese jene Tatsächlichkeit hat meinen Glauben in das System „Fahrschule“ bis heute nachhaltig erschüttert: Dem Erdboden gleichgemacht. Abitur – okay. Volljährigkeit – meinetwegen. Aber Fahrerlaubnis- nööp.
Teleportieren
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Grün?
Eine Farbe, die ich grundsätzlich sehr schätze. Schon immer. Draußen. Im Freien. Aber nicht an, auf oder um mir herum: Weder auf meiner Kleidung, als Schmuck oder gar als Sofakissen. NIEMALS! Das ist mein Credo. Festzementiert seit Jahren. Jeder weiß das. Ich sagte das nämlich schon oft, zu allerhand Gelegenheiten und Ungelegenheiten. Halt oft. So oft, dass das Zurück undehnbar ist, bar jeder Elastizität – und einen unschönen Knick in meinen 10 Geboten über mich selbst anrichten würde.
Aber wie die Launen des Lebens so mit einem spielen, gab es da kürzlich ein Grün, das nun nach all den Jahren mein Herz eroberte. Eins, welches satt, frisch, dunkel-grasfarben, leuchtend und ideal-grün daher kam. Und nun denn, schlich ich um das eine oder sogar andere grüne T-Shirt, ja gar Kleid. Bezahlte schließlich Ohrringe. Eigentlich violett-weiß, jedoch mit einigen grünen Details: Um den Prozess des Grün-Werdens schleichend einzuleiten. So der Plan, jedenfalls.
Nordsee?
Ich habe mal mit 13 eine Wette verloren und bin reingesprungen. Im November. Aber ich vermute, das reicht euch nicht für eine gelungene Beichte. –>
Mit fünf hing ich wimmernd auf den Schultern meines Vaters im Watt. Denn die Flut: Sie kam. Sie kam, rollend, unaufhaltsam, unerbittlich. Jedoch waren wir nicht mitten drin im Watt. Irgendwo zwischen Bensersiel und Norderney. Schwenkten auch keine SOS-Fahnen durch die Luft, sondern waren ziemlich genau zwei Meter vom Strand entfernt: Auf einer kleinen Sandbank. Das Wasser stand uns bis zum Knöchel. Nicht meinen, sondern denen meines Vaters. Und dennoch: Der Horror, die Fluten und ihre ewigen Wellen drohten uns augenblicklich zu verschlingen. – So meine Fantasie. Damals.
Am beichtenswertesten jedoch ist: Sucht doch mal in meinem Blog nach der „Nordsee“. Ihr bekommt nur einen einzigen Treffer: Nicht in etwa einen aufregenden Spontan-Trip Richtung Küste, sondern nur eine Erwähnung, eine Randnotiz. Denn genau genommen, ist es schon ein ganzes Weilchen her, dass ich dort war. Als Bremerin. Als Quasi-Küstenbewohnerin. Also.
Die längste Minute
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Ein Haustier
Daisy. <3 Mein Herz. Mein Alles. Meine Katze. Die überfahren wurde, als ich zwölf war. Um die ich Monate, eigentlich sogar Jahre getrauert habe.
Nachdem sie tot war, habe ich wochenlang nicht ein Wort über sie gesprochen: Weder meinen Freunden, noch meiner Familie gegenüber: Einfach deswegen, weil ich diese Tatsache, die Endgültigkeit des Todes nicht durch Worte in die Gegenwart eingravieren wollte. Es nicht auszusprechen ließ die Realität noch etwas ruhen. Ich habe immer gehofft, es ist alles nur ein blöder Irrtum im Chaos, ein Fehler in der Zeit: Sie kommt einfach irgendwann wieder. Als wäre nichts gewesen. Und selbst heute habe ich noch all ihre Sachen, ihr Spielzeug, ihre Decke – sicher verwahrt in einem Schuhkarton. Nur für den Fall. Der Fälle. Falls sie wiederkommt. Hier wohnen möchte.
Das war’s mein Stock im Blog. Es hat Spaß gemacht – irgendwie. Aber bitte seid mit nicht böse, wenn ich bis zum nächsten wieder 4 (+/-) Jahre warte. Tja. Und für die Dinge, die Beichten, die ich nicht ausgefüllt habe – da habe ich euch im Sinn gehabt. Also, wenn ihr mögt: Ich schmeiß ihn euch zu – den freundlichen Stock.
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