Ihr wisst es ja sicher noch: Ich habe kürzlich zu einer Blogparade aufgerufen: „Blogs gegen Hass“. Sie ist nun im vollem Gange – die Parade. Einige, ja durchaus viele Beiträge sind bereits bei mir eingeflattert: Ich habe sie unter dem Aufruf verlinkt. Ihr dürft und sollt dort gerne stöbern – diskutieren. Und natürlich auch mitmachen: Denn sie läuft noch bis zum 28. Februar. <3
Mein erklärtes Ziel ist es, die zunehmende Fremdenfeindlichkeit á la PEGIDA zu entern, zu kontern, zu zeigen, dass sie nicht das Volk sind. Ich möchte ein klares Zeichen setzen: Für mehr Toleranz und gegenseitiges Verstehen. Und genau darum geht es mir heute in meinem Beitrag: Um das Verstehen an und für sich. Nicht um das Metaphorische. Sondern viel einfacher, viel basaler: Es geht mir um die Sprache: –> Arabisch.
Eine Sprache, die ich nicht spreche: Nicht kenne. Ich erhebe also weder Anspruch auf Vollständig- noch Fehlerlosigkeit. Mir geht es darum eine Tür zu öffnen, sie zu entkorken und gemeinsam ein bisschen die Sprache zu experimentieren. Ich möchte ein paar Fakten einstreuen – gemischt mit aufgeschnappten Dingen, Nice-to-Knows und auch die eine oder andere Kuriosität. Schlichtum einen kleinen Zugang schaffen: Anhaltspunkte für Diskussionen in die Runde werfen. Nicht weniger –> aber auch nicht mehr.
Weltweit sprechen rund 320 Millionen Menschen arabisch als Muttersprache. Außerdem kommen noch weitere 90 Millionen hinzu: Jene, die arabisch als Fremd- oder Zweitsprache sprechen. Darunter gibt es massenhaft Dialekte und regionale Unterschiede. Zuzüglich einer ausgeprägte Kultur der Dichtung, aber auch jahrhunderte alte Mundarten.
An alle: Daher, und an dieser Stelle ein heiteres: As-salāmu ʿalaikum! :) Salām bedeutet Frieden oder auch Unversehrtheit. Insgesamt übersetzt also so viel wie: Der Friede auf euch! Oder eben ein freundliches „Hallo!“
Das arabische Alphabet besteht aus 28 Buchstaben, die mit sechs Ausnahmen von rechts nach links verbunden werden. Die arabische Schrift unterscheidet sich formvollendet von der unseren. Was in Zeiten des Internets nicht überall gleich leicht umzusetzen ist: Daher hat sich mittlerweile ein arabisches Chat-Alphabet zusammengefunden, welches mit einer Kombination aus Zahlen und Buchstaben arbeitet – die den jeweiligen arabischen Zeichen am ähnlichsten kommen: Kaif al7al? (= Wie geht es dir?)
Möchte man allerdings doch ganz klassisch im Wörterbuch wälzen, das Internet Internet sein lassen. So. Nun denn: Ich garantiere euch eine anfängliche Aufgeschmissenheit. Denn ihr solltet wissen, dass arabische Wörterbücher nicht alphabetisch sortiert sind, sondern alle Wörter nach ihren Wurzeln gruppiert werden. Nach ihrer Stammesherkunft. Das macht es für kundige Menschen einfacher – für Unkundige zur berühmten Kehrseite der Medaille.
Um arabisch zu hören, bedarf es allerdings nicht zwingend ein arabisches Wörterbuch: Denn glücklicherweise gibt es in der deutschen Sprache zahlreiche Wörter, die aus dem Arabischen stammen, dort zu Hause sind. Arabizismen sozusagen. Wörter, die ein dermaßen fester Bestandteil der deutschen Sprache sind, dass es ohne sie ein tiefes Loch geben würde. Ein Nichts.
Und genau dort beginnen wir: Bei Null, beim Nichts. Denn das Wort Ziffer oder Chiffre stammt vom arabischen Wort sifr und bedeutet eben das. Nämlich: Null oder Nichts.
Ja: Wir bleiben auch erstmal dort, bei den Zahlen, der Mathematik und Wissenschaft: Genau genommen beim Algorithmus – himself. Denn der leitet sich von dem doch recht bedeutenden Mathematiker, eigentlich sogar Universalgenie (Er konnte echt viel), al-Chwarizmi ab. <– Von seinem Namen.
Jener dieser welche wirkte vor allem in Bagdad: Und zwar in dem 825 gegründeten „Haus der Weisheit„. Aus diesen Hallen heraus haben wir ihm nicht nur den Algorithmus, sondern auch die Algebra zu verdanken. Jedoch eher unabsichtlich, nicht mutwillig: Ein Umstand, den er unmöglich hätte vorhersehen können. Denn das zuvor rüstig-normale arabische Wort al-ǧabr (= das Ergänzen/ das Einrichten) zierte den Titel einer seiner Abhandlung: „Das kurz gefasste Buch über die Rechenverfahren durch Ergänzen und Ausgleichen“.
„Kurz und gut“, dachte er sich damals sicherlich – völlig ohne eine Vorahnung, dass sein Opus ein regelrechter Renner in der einstigen Welt der Wissenschaft werden würde. Ein so fulminanter, dass sich aus genau dieser Überschrift schließlich die Disziplin Algebra entwickelte.
Ja. Nun. Ja. Denn. Ja. So: In den heimeligen Erinnerungen an die mathematische Schulzeit, soll es freilich nicht bleiben. Ich versprach ja eingangs Etwas zu entkorken. Reinen Wein einzuschenken. Sozusagen. Here we go: Das Wort Alkohol ist ebenfalls arabischen Ursprungs. Es stammt von dem Wort al-kuhl ab und bedeutet Das Färbende. Oftmals im Gebrauch für ein traditionelles arabisches Antimon-Schminkpuder zum Färben von Augenlidern und -brauen. Rätselhaft dabei ist mir allerdings: Wie nun schlussendlich diese unbedarfte Bedeutung zum Alkohol gezerrt wurde? Fast schon tragisch. Finde ich.
Hier nun noch weitere Beispiele:
Tarif –> ta´rifa (= Bekanntmachung, Preisliste).
Sorbet –> šarba (= Trank).
Sofa –> ṣuffa (= länglicher Vorsprung, Sims).
Safari –> safar (= Reise),
Matratze –> maṭraḥ (= Bodenkissen).
Karaffe –> gharrāfa ( = Wasserheberad mit Schaufeln).
Admiral –> amīr (= Befehlshaber)
Und auch die mittelalterliche Laute hat ihren Namen aus dem Arabischen –> al-ʿūd (= das Holz).
Aber: Nochmal zurück ins Eingemachte, zurück in die Grammatik: Die Sache mit den Schriftzeichen und dem Wörterbuch hatten wir ja nun schon. Alles nicht ganz leicht. Aber wirklich schwierig zu lernen sind die vielfältigen und komplexen Verbalformen. Denn mit den Verben ist es nunmal ausgiebig anders als im Deutschen: Im Arabischen gibt es zwar nur zwei Zeitformen: Das Perfekt – für abgeschlossene Handlungen, also in der Regel die Vergangenheit; Und das Imperfekt – für Handlungen, die noch andauern bzw. wiederkehren. (–> Eine eigene Form für die Zukunft gibt es hingegen nicht – sie wird im Imperfekt abgebildet).
Zeit, Intention, Richtung, ja die eigentliche Bedeutung bekommt ein Verb also anders: Und zwar durch einen unterschiedlichen Ausdruck in je 15 verschiedenen Stämmen. Wobei im heutig gängigen Arabisch in der Regel nur neun bzw. zehn (der erste Stamm, der Grundstamm, wird oft nicht mitgezählt) genutzt werden. Dabei kann ein Verb jedoch nie in allen Stämmen gebildet werden.
Ich habe mal ein Beispiel ergoogelt:
–> Im II. Stamm sieht das Verb dann so aus: káttaba (= veranlassen zu schreiben). Der zweite Stamm ist meist intensivierend, kausativ, deklarativ oder denominativ.
–> Im III. Stamm: kātaba (= korrespondieren mit, jemandem schreiben).
–> VI. Stamm: takātaba (= sich gegenseitig schreiben).
–> Der VII. Stamm drückt meist eine passive Handlung aus oder hat eine reflexive Bedeutung: inkataba (= geschrieben werden oder auch „subscribe“).
–> Der VIII. Stamm: iktátaba (= ebenfalls sich gegenseitig schreiben).
—> Im X. Stamm: istáktaba (= jemanden darum beten zu schreiben).
Im neunten Stamm kann das Grundverb kátaba nicht gebildet werden. Dort werden meist Farben oder auch körperliche Eigenheiten ausgedrückt. Z.B.: iḥmarra (von aḥmar) – erröten, rot werden.
Soweit. So gut. So geht’s zum Schluss. Zum Ende meines Beitrages: Möchte ich euch noch einen kleinen Sprachkurs ans Herz legen. Eine Art Arabisch für Touristen/ Anfänger. Ein Weg, um „Hallo, ich heiße Sarah Maria und wohne in Bremen.“ sagen zu können: –> klick
Und:
So ganz insgesamt, habe ich großen Gefallen dran gefunden, mich in die Sprachen einzulesen, mich von Wikipedia-Artikel zu Wikipedia-Artikel zu lesen. Hier zu googeln, dort zu schauen, da zu sinnieren. Deswegen möchte ich nun jetzt eine Reihe machen: Eine Art Sprachreise. Und genau dafür geht es das nächste Mal in die Türkei: Zu einer Sprache, die einen eigenen Modus dafür hat, Wünsche auszudrücken.
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Hier die komplette Reihe:
–> Arabisch to go
–> Türkisch Melange
–> Hebräisch to your Heart
–> Bantu for real
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