Kürzlich, es ist schon fast eine Woche her, stand ich im Supermarkt. Und eben jener Besuch hat sich in mir festgebrannt, rumort in mir und verlangt nach Klärung:
Es war am Freitag, nach der Arbeit:
Auf dem Weg nach Hause komme ich glücklicher- und praktischerweise an einem der mittlerweile echt vielen großen Ökoläden hier in Bremen vorbei. Dort war natürlich einiges los. Die apokalyptischen Einkäufe vor Feiertagen, werden, wie ihr sicher wisst, derzeit von allen erdenklich Beteiligten all-freitaglich geduldig geprobt. Für den weihnachtlichen Ernstfall versteht sich. Denn jener steht dieses Jahr schließlich mit einer äußerst ausgebufften Choreografie aus Sonn- und Feiertagen vor der Tür. Als ultimativer Endgegner sozusagen.
Pünktlich zu Beginn der Probe war ich also dort. Es war so gegen halb vier und ich reihte mich bereitwillig vor der großen Showbühne ein. Mit den Gedanken war ich noch halb im Büro. Daher sei nun hinzugefügt, dass der Geburtstag von dem Herrn S. unmittelbar vor der Tür stand und damit jener auch hübsch gefeiert werden konnte, brauchte es noch dies, das, etwas Klimbim und meine volle Aufmerksamkeit. Zunächst also noch ein wenig unsicher im Text und mit anfänglichen Konzentrationsschwierigkeiten in Richtung Konsumentscheidung waberte ich vorerst etwas ziellos durch die Gänge.
Cashewkerne.
Mit diesem liebsten Lieblingsessen des Herrn S. fand ich schließlich einen guten Anfang – wie ich finde. Es folgten Eier, Sahne, Tagliatelle und Räucherkäse für eine Carbonara. Ebenfalls ein Lieblingsessen des Herrn S. Er hätte sie zwar lieber mit Schinken und/oder Speck – aber der Lieblingsmann einer eingefleischten Vegetarierin zu sein, ist eben nicht immer ganz leicht.
Weiter ging’s mit Mehl und Kokosraspeln für Kokosmakronen – die wir allerdings bis heute noch nicht gebacken haben; und zudem auch kein Mehl dafür benötigen. (Kommt Zeit, kommt Rat, kommt mehr als inhaltshohle Floskeln.) Ja. Ich kam nun so langsam auf Touren: Es folgten zwei Äpfel, zwei Clementinen, eine Handvoll frischer Kurkuma, Zwiebeln und eine Kaki. Milch, 2x Ingwerbrause sowie Parmesanchips (Die allerdings nicht schmeckten. So gar nicht! Aber das wusste ich ja nun damals noch nicht.).
Dann. An der Kasse.
Wir kommen nun zu jenem Teil, der mich grübelnd zurückließ:
Ich positionierte alles auf dem Band. Vorbildlich selbstverständlich: Platzsparend & effizient! Die Flaschen langen allesamt längs nicht quer, bouncten also nicht bei jedweder Bewegung des Bandes vor und zurück. Verdrängten also nicht alle anderen Waren wie ein ausufernder, Tanzflächen saugender Breakdancer. Ich war zufrieden. Auch die Stopper lagen ordentlich, parallel und wenig störungsanfällig. Ich denke, ja (!), ich möchte sogar mit ziemlicher Sicherheit behaupten, dass der Ur-Fehler, der Ursprung der Folgesituation nicht bei mir lag.
Die zuvorige Reibungslosigkeit fand nämlich ihr jähes Ende, als das Band angesichts meines bedrohlich nah rollenden Stoppers, offenbar seine automatische Sensorik vergaß und einen Moment zu spät abbremste. Dieser winzige Moment und der aus ihm folgende Stau vieler, vieler nachrutschender Waren, reichte aus, um ein Päckchen Mandeln meiner Schlangennachfolgerin auf meinen Bereich des Bandes zu hieven. Vollkommen unbemerkt – möchte ich anfügen. Erst als die Kassiererin mit meinem Einkauf fertig war, sie jedoch ihre Hand ein weiteres Mal erhob, um auch noch die Mandeln zu scannen, – erst dann erkannte meine Nachfolgerin die Notwendigkeit der unmittelbaren Korrektur:
„Halt! …. Sind das Ihre Mandeln? Haben Sie auch Mandeln gekauft?!“
„Nein. Die sind wohl rübergerutscht.“
„Ok.“
Eine Minimalinteraktion mit maximaler Aufklärung, also. Ich bezahlte im Folgenden, als jedoch zeitgleich dies geschah: Die Frau, die baldige Inhaberin der Mandeln, beugte sich hinunter zu ihrem etwa 3-jährigem Kind und sprach: „Dachte ich mir. Die Frau dort sieht auch nicht aus, als wenn sie Mandeln kaufen würde.“
Seitdem stehe ich vollends hilflos diesem Rätsel gegenüber, bin gefangen in diversen möglich- und denkbaren Erklärungskonstrukten. Und bleibe dennoch stets mit der Frage zurück: Wie sehen Menschen denn nun üblicherweise aus, die üblicherweise Mandeln kaufen? Was macht sie aus? Was ist ihre eigentliche Essenz? Und was fehlt mir? Was muss ich tun, um dazu zu gehören?
All das hätte ich die Mandelfrau natürlich gerne gefragt. Ja. Hätte ich sicher auch, wäre ich nicht vollumfänglich in meiner Perplexität gefangen gewesen! Im festbetonierten Nachhinein betrachtet, hätte ich auch gerne auf mein Referenzprojekt, die Cashewkerne, hingewiesen. Ein kleiner Fingerzeig hätte ja eventuell schon alles ändern können…. Hätte, Hätte. Endloskette. Ja! Ich bin mir nicht einmal sicher, ob es eine Art Kompliment war – oder eine fies platzierte Beleidigung. Sollte ich sauer sein? Mich empören? Oder doch lieber geschmeichelt dahinschwelgen? Ist es am Ende nur eine bloße Feststellung, ohne erdenkliche Richtung? Blau oder gelb? Blond oder brünett? Mandelmensch oder Nicht-Mandelmensch? Sein oder Nicht-Sein?
Pingback: Ein Bier-Tasting in Bremen - Sarah Maria's Blog
Pingback: Das war der Dezember | in.catinco