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Ringelblume_Keimling

Los geht’s! Mein Balkongarten 2015

Es ist endlich wieder soweit! Es kann nach Belieben gesät, gebuddelt und  gegossen werden, denn ich erkläre meine Balkongartensaison höchstoffiziell für eröffnet.

Bereits vor einigen Tagen habe ich ein paar Samen in die Erde gedrückt, um sie auf der Fensterbank keimen zu lassen –> und die ersten Sprösslinge haben sich nun schon bis nach oben hochgeschlängelt: Das dort oben auf dem Bild sind zwei kleine Ringelblumen. Und just neben ihnen, in unmittelbarer Nachbarschaft, wächst eine Sonnenblume.

SonnenBlume_Keimling

Aber es soll natürlich nicht nur bei den Blümchen bleiben, die bei Zeiten die Bienchen anlocken sollen, sondern es gibt genau wie im letzten Jahr auch wieder einiges an Gemüse, Gemüse, Gemüse! Freilich nicht so viel, wie im letzten Jahr: –> Klick. Denn das musste ich dem Herrn S. versprechen. Er fühlte sich zuletzt wohl doch ein wenig wie im Eigenheim von Poison Ivy. Ja, er hat gar schon wild geträumt: Von rankenden Bohnen, wuchernden Artischockenbäumen und wabernden Kräuterwellen.

Daher habe ich diesmal ganz zart und geradezu enthaltsam begonnen: Mit einigen wenigen Pöttchen voll Anzuchterde, bestückt mit einer unschuldig geringen Anzahl Samen. Ganz behutsam also:

Da wären zwei Salätchen, die noch friedlich in der Erde schlummern, genau wie der kaum erwähnenswerte Liebstöckel-Samen. Bereits im Sonnenlicht wiegt sich die kleine Madame Mangold, genau wie das noch nicht genauer spezifizierte Pflänzchen neben ihr auf der Fensterbank: Es könnte der Herr Brokkoli sein – oder aber eine der beiden Damen Aubergine. Denn mangels Beschriftung wird dies wohl vorerst ein Geheimnis bleiben:

Mangold_Keimling

Brokkoli_Keimling

Nun. Eventuell gesellt sich noch das eine oder andere Gewächs dazu. Urplötzlich. Gewissermaßen. Und wenn es erstmal da ist, geschlüpft und niedlich aus der Erde herausschaut – dann wird der Herr S. sicher nicht widerstehen können. Kein schnödes „Nein“ über die Lippen bringen.

Afrikanische_Sprachen_#BloGeHa

Bantu for real

Aus. Ende. Finito. Das war sie meine erste Blogparade „Blogs gegen Hass“ – und ich bin geradezu hin bis weg angesichts der vielen unterschiedlichsten Beiträge. Danke euch! <3 In den nächsten Tagen folgt der Rundgang hindurch durch alle eingereichten Beiträge. :)

Aber nun: Erstmal und zum Abschluss gibt es die versprochene Afrika-Reise. Zuvor waren wir schon in den arabischen Gefilden, in der Türkei und zuletzt in Israel. Denn für meine Blogparade, mit der ich zusammen mit euch, gegen Fremdenhass und für mehr gegenseitiges Verstehen angetreten bin, habe ich mir vorgenommen „gegenseitiges Verstehen“ durchaus wörtlich zu nehmen – und ganz basal dort anzufangen, wo verstehen beginnt: Nämlich in der Sprache.

Ja. Und bevor wir nun erneut eintauchen, uns zusammen in eine Sprache hineinweben: Erstmal ein paar Fakten. Einen Überbau. Dinge, die ihr unbedingt wissen solltet:

In Afrika gibt es fünf große Sprachfamilien:

–> Afroasiatisch
Wird vor allem im Norden und auch Osten von Afrika gesprochen, sowie in Westasien. Es gliedert sich in ca. 350 unterschiedliche Sprachen und wird von etwa 350 Millionen Menschen gesprochen.

–> Niger-Kongo
Wird vor allem in West-, Zentral- und Südafrika gesprochen. Es gliedert sich in ca. 1400 unterschiedliche Sprachen und wird von ca. 370 Millionen Menschen gesprochen.

–> Nilosaharanisch
Wird vor allem in Nord- bis Zentralafrika gesprochen. Es gliedert sich in ca. 200 unterschiedliche Sprachen und wird von ca. 35 Millionen Menschen gesprochen.

–> Khoisan
Wird vor allem im westlichen Süden von Afrika gesprochen. Es gliedert sich in ca. 28 unterschiedliche Sprachen und wird von ca. 355 Tsd. Menschen gesprochen.

–> Austronesisch
Wird vor allem auf Madagaskar gesprochen. Dort leben rund 22 Millionen Menschen. Weltweit gibt es in der austronesischen Sprachfamilie rund 1150 unterschiedliche Sprachen, die von ca. 300 Millionen Menschen gesprochen werden. Darunter u.a. Taiwan, Neuseeland oder Hawaii.

Wir befinden uns also auf einem Kontinent mit fünf verschiedenen Sprachfamilien und nahezu 2000 unterschiedlichen Sprachen – sowie nochmal unzähligen Dialekten. Es ist demgemäß nicht ganz leicht, sich zu sort- und orientieren.

 Bantu Afrika Blume

Und genau deswegen musste ich mich entscheiden: Ich entschied mich für die Niger-Kongo-Sprachfamilie. Sie wird von ca. 45% der afrikanischen Bevölkerung gesprochen und ist mit ihren 1400 Sprachen die sprachenreichste Familie weltweit. Sie macht fast ein Viertel aller Sprachen aus. Gefolgt von der u.a. ebenfalls auf den afrikanischen Kontinent zu findende austronesische Sprachfamilie: Sie kann rund 1100 Sprachen aufbieten.

In Sachen Sprecher*innen belegt die Niger-Kongo-Familie mit 370 Millionen Menschen Rang drei auf der Weltrangliste. Platz eins geht an die Indogermanischen Sprachen (= 2,7 Mrd.) und zwei an die Sinotibetischen (= 1,3 Mrd.).

Die größte Untergruppe in der Niger-Kongo-Sprachfamilie bilden die Bantusprachen. Es gibt rund 500 verschiedene, die oftmals eng verwandt sind und von rund 210 Millionen Menschen gesprochen werden. Eine Bantusprache hat durchschnittlich ca. 300.000 Sprecher*innen – also in etwa die Einwohnerzahl von Münster.

Die Bantusprache mit den meisten Sprecher*innen ist Swahili oder auch Kiswahili (in der Eigenbezeichnung). Sie leitet sich von dem arabischen Wort sāḥil (= Küste oder Grenze) ab. Kiswahili wird je nach Schätzung von 70 bis 120 Millionen Menschen gesprochen – davon sind jedoch nur rund 5-10 Millionen Muttersprachler.

Ursprünglich kommt die Sprache aus dem Gebiet des Küstenstreifens von Süd-Somalia bis Nord-Mosambik. Sie hat jedoch eine zunehmende Bedeutung als sogenannte „Verkehrssprache“ eingenommen. Verkehrssprachen sind Sprachen, die von vielen Afrikanern als Zweit- oder Drittsprache gesprochen werden, um sich über die kleinen Spracheinheiten hinaus verständigen zu können.

Kiswahili ist die Amtssprache von Tansania, Kenia und Uganda. Außerdem ist sie eine von vier Nationalsprachen in der Demokratischen Republik Kongo und hat einen anerkannten Minderheitsstatus in Mosambik. Darüber hinaus wird Swahili z.T. in Ruanda, Burundi, Somalia, Malawi, Äthiopien, Madagaskar und auf den Komoren gesprochen.

Blog Bild Blume Sprachen

Kiswahili ist eine Sprache, die in sich gewachsen ist. Sie umfasst einen sehr hohen Anteil an arabischen Vokabeln: Das liegt daran, dass diese Küstensprache sehr stark durch den regen Austausch und Handel mit arabisch sprechenden Seefahrern geprägt wurde.

Die ältesten swahilischen Schriftstücke stammen aus der Zeit um 1700 und sind in arabischer Schrift verfasst. Damit ist die Sprache eine der wenigen in Afrika, die bereits vor der Kolonialisierung auch in geschriebener Form existierte. Erst in den 1930er Jahren setzte sich die lateinische Schrift durch.

Grammatikalisch ist Swahili ganz eindeutig eine Bantusprache, die vielen arabischen Vokabeln und Lehnwörter veranlassten europäische Besucher jedoch Kiswahili zunächst als eine Art Abwandlung der arabischen Sprache zu betrachten. Zu den vielen arabischen Wörtern, die in etwa 30% betragen, kamen im 20. Jhd. außerdem viele englische Begriffe: z.B. stempu (= Briefmarken) oder soksi (= Socken).

Aus der deutschen Kolonialzeit wiederum sind nur wenige Ausdrücke dauerhaft in den Bantusprachen aufgenommen worden. Einige sind:

shule –> Schule

bruda –> Ordensbruder

hela –> Geld (von Heller)

Maneva –> Manöver

mashine –> Maschine

In Sachen Sprachrhythmus mag es die kiswahilische Sprache, wenn Wörter auf Vokale enden. Daher neigen viele afrikanische Sprecher*innen beim Erlernen einer Fremdsprache dazu, an alle Wörter schlicht und kurzum einen Vokal zu hängen. Vielleicht vergleichbar damit, dass wir an fremde Verben auch gerne ein -en hängen (z.B. googlen). Im kiswahilischen Sprachgefühl sieht das dann zum Beispiel so aus: Goodi morni Sarahi!

Blog Bantu Blogeha

Kiswahili ist eine agglutinierende (= ankleben) Sprache: Das heißt sie klebt Silben jeweils vorne und hinten an die Wörter heran, um ihnen ihre Zeit, Person und Richtung zu geben:

ninaweza kuzumgumza –> ich kann sprechen

ni-na-weza = ich-Präsens-kann
ku-zumgumza = Infinitiv-sprechen

Mappenzi hayana macho ya kuona –> Liebe macht blind

Mappenzi (Liebe) ha-ya-na (nicht-sie-hat) macho (Augen) ya kuona (zum Sehen)

Im Kiswahili gibt es zudem keine bestimmten und unbestimmten Artikel, außerdem ebensowenig eine Unterteilung in Fälle (Nominativ, Akkusativ, Dativ, Genitiv). Die Nomen werden auch nicht in die drei uns bekannten Genera (Maskulinum, Femininum, Neutrum) eingeteilt: Sondern in acht Kategorien, die jeweils mit einer eigenen Vorsilbe gekennzeichnet werden. Die Einteilung ist nicht immer ganz logisch und nachvollziehbar. Ähnlich, wie die Einteilung unserer bestimmten Artikel. So heißt es zum Bespiel: Die Frau, der Hase, das Haus – aber auch: Der Stuhl, die Waschmaschine, die Wolke.

Hier ein Beispiel (–> Quelle) & (–> Quelle)

1.) m-wa & mtu Klasse –> Wörter, die Menschen bezeichnen:
(auch Berufe, Geschlechter, Familien sowie Insekt & Tier)

Vorsilben:
m-/ mw- (vor Vokalen) = Singular
wa- = Plural

Beispiel:
mtoto = (das) Kind
mwalimu = (der Lehrer)
mtu = (der Mensch)

watoto = (die) Kinder
walimu = (die Lehrer)
watu = (die) Menschen

2.) m-mi & miti Klasse –> Weitere Lebewesen
(Pflanzen & besonders Bäume, Teile der Natur, Körperteile, Nahrung)

Vorsilben:
m- /mw- (vor Vokalen) = Singular
mi- = Plural

Beispiel:
mti = (der) Baum
mwamba = (der) Felsen
mji = (die) Stadt

miti = (die) Bäume
miamba = (die) Felsen
miji = (die) Städte

3.) ki-vi & kitu Klasse –> Leblose Dinge
(vom Menschen geschaffene Objekte, Sprachen)

Vorsilben:
ki- / ch- (vor Vokalen) = Singular
vi- / vy- (vor Vokalen) = Plural

Beispiel:
kitu = (das) Ding
chakula = (das) Essen
kijerumani = Deutsch
kiswahili = Kiswahili/ Swahili

vitu = (die) Dinge
vyakula = (die) Essen

4.) ma Klasse –> Pflanzenteile, Abstrakta, Fremdwörter
(auch Früchte, wenige Lebewesen, soziale Beziehungen, Dinge, die in Paaren auftreten)

Vorsilben:
j(i)- = Singular
ma- = Plural

Beispiel:
jicho = (das) Auge
gari = (das) Auto

macho = (die) Augen
magari = (die) Autos

5.) na- oder nasale Klasse –> Klasse mit den meisten Wörtern
(viele sind fremden Sprachen entlehnt und oft Wörter, die mit nasalen Lauten beginnen: m, n, ng, ny, mb)

Vorsilben:
Keine feste Anfangssilbe
Kein Unterschied zwischen Plural und Singular

Beispiel:
nyoka = (die) Schlange
nyoka = (die) Schlangen
bahati = (das) Glück

6.) u- Klasse –> Viele Abstrakta
(viele Subjektive, die aus Adjektiven abgeleitet wurden, Subjektive, die kein Plural haben)

Vorsilben:
u- / w- (vor Vokalen) = Singular
kein/ ny- (vor Vokalen) = Plural

Beispiel:
urefu = (die) Länge
ufagio = (der) Besen
wimbo = (das) Lied
usiku = (die) Nacht

—> kein Plural für urefu vorhanden
fagio = (die) Besen
nyimbo = (die) Lieder

7.) mahali bzw. Orts-Klasse
(besteht nur aus dem Wort mahali. Es können aber auch andere Substantive durch anhängen der Silbe -ni in diese Klasse geholt werden)

Vorsilben:
keine

Beispiel:
mahali = (der) Platz/ Ort, (die) Stelle
mahali = (die) Plätze

8.) ku- Klasse –> Infinitiv-Klasse
(alle Substantive, die mit einem Infinitiv gebildet werden)

Vorsilben:
ku- / kw- (vor Vokalen) = Singular
nicht vorhanden = Plural

Beispiel:
kulala = (das) Schlafen
kwenda = (das) Gehen
kusoma = (das) Lesen

—> kein Plural vorhanden

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Für Verwirrung könnte bei uns zudem die Tatsache sorgen, dass im Kiswahili die Woche bereits viel früher beginnt. Während für uns der Montag der erste Tag ist, ist jener dort bereits Tag drei: Jumatatu (Juma = Woche + tatu = dritte(r)). Denn dort startet die Woche am Samstag: Jumamosi (Juma = Woche + mosi = erste(r)). Und auch wenn sich mittlerweile das uns bekannte sams- und sonntägliche Wochenende durchgesetzt hat, sind die Bezeichnungen der Wochentage so geblieben.

Vollends aus dem Konzept würde uns hingegen die Zeitrechnung bringen: Denn sie orientiert sich an den am Äquator doch recht zuverlässig gleichbleibenden Sonnenauf- und untergängen – gegen sechs Uhr morgens sowie abends:

saa tano bedeutet übersetzt: saa (= Stunde) & tano (= fünf). Ist jedoch nicht etwa fünf Uhr nachmittags – sondern 11:00 Uhr vormittags: Denn es wird ab sechs Uhr gerechnet. Sprich: 06:00 Uhr + 5 Stunden = 11:00 Uhr. Ja! Und: 09:30 Uhr ist entsprechend: saa tatu na nusu = Stunde drei und halb (6 + 3,5 Stunden).

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Ich hoffe der Trip nach Afrika hat euch gefallen. Ich sage Baadaye – Tschüss. Und ahsante! Danke – für’s Zuhören. Hier (–> klick) könnt ihr außerdem noch ein paar Sätze und Wörter üben.

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Hier die komplette Reihe:

–> Arabisch to go
–> Türkisch Melange
–> Hebräisch to your Heart
–> Bantu for real

Hebräisch to your Heart

Es sind nun schon über 30 Beiträge für meine Blogparade „Blogs gegen Hass“ en bloc! Gewissermaßen. <3 Ich habe sie alle unter dem Aufruf verlinkt. Ihr könnt, dürft, sollt dort gerne stöbern. – Und natürlich auch mitmachen: Bis einschließlich dem 28. Februar ist noch Zeit für einen Beitrag.

Ja: Und anlässlich dieser, meiner Blogparade nehme ich euch mit: Kopfüber mitten hinein in die Welt –> der Sprachen. Wir waren schon im Arabischen sowie Türkischen. – Und heute ist nun denn das Hebräische an der Reihe: Es geht also nach Israel! Shalom raw! Le’at, le’at (immer mit der Ruhe) – und los geht’s:

Wie gewohnt mit harten rüstigen Fakten:
Hebräisch gehört zu den afroasiatischen Sprachen und wird in seiner modernen Form hauptsächlich in Israel gesprochen. Aber z.B. auch von einer Minderheit in Polen sowie rund 200.000 Menschen in den USA. Insgesamt gibt es weltweit ca. 7 Millionen Menschen, die Hebräisch sprechen.

Zum Vergleich: Niederländisch kann mit etwa 26 Millionen Menschen hoch überbieten. Allein diese – vor lauter Tatsachen leuchtende Zahl – besitzt ausreichend interne, externe und rundherum Logik, um sämtlichen Weltverschwörungs-Deppen den Wind aus den Segeln nehmen. Möchte ich meinen. Leila tow! Gute Nacht. Und keine Ursache. Al lo dawar.

Blog_Blume

Hebräisch ist jedoch nicht einfach Hebräisch: Es ist zu unterscheiden zwischen Alt-Hebräisch, das buchstäblich biblischen Alters ist, und dem modernen heutigen Hebräisch:

Mit der Eroberung Jerusalems 586 v. Chr. durch den babylonischen König Nebukadnezar II. (der übrigens anderorts den berühmten Turm zu Babel fertig optimieren ließ), wurde in Judäa Aramäisch als Amtssprache eingeführt: So dass das Hebräische unweigerlich empfänglich für Einflüsse dieser Sprache war und jene hier und dort aufnahm. Bis die hebräische Sprache rund 500 Jahre später und mit der Zerstörung des Zweiten Tempels zu Jerusalem (70 n. Chr.) nach und nach seine Bedeutung als Alltagssprache verlor: Denn das jüdische Leben verlagerte sich nun ins Exil nach Galiläa (dem heutigen Norden Israels), aber auch anderorts.

Die Sprache blieb zwar noch in ihrer Verwendung für Gottesdienste, wissenschaftliche oder philosophische Werke sowie als Mittel der Verständigung zwischen den jüdische Gemeinden weiterhin lebendig, verlor aber allmählich seine Existenz als Alltags- und Muttersprache. Es wurde oftmals die jeweilige Landessprache als die eigene bejaht und angenommen. Hebräisch fristete nun sein Dasein als Zweit- oder sogar Drittsprache. Über Jahrhunderte. Im Dornröschenschlaf sozusagen. Darauf wartend wachgeküsst zu werden. Nahezu wörtlich genommen.

Hebräsich_Blog_Blumen

Erst im späten 19. Jhd. – also rund 1700 (!) Jahre später – gab es Bestrebungen Hebräisch als Muttersprache wieder aufzupäppeln: Elieser Ban-Jehuda, geboren im heutigen Kaliningrad (zwischen Polen und Litauen), gründete 1889 in Jerusalem den „Rat der hebräischen Sprache“ und verfasste dort das erste moderne hebräische Wörterbuch: Daraus entwickelte sich letztlich das heute verbreitete Ivrit = die Amtssprache Israels/ neben dem Arabischen.

In Sachen Schriftbild und Morphologie (= Wortgrammatik) hat Ivrit nur wenige Unterschiede zum biblischen Hebräisch. Dafür allerdings erhebliche hinsichtlich der Syntax (= Satzgrammatik), Phonetik/ Aussprache und selbstredend des Vokabulars. Denn in den letzten 1700 Jahren ist nunmal so einiges hinzugekommen: Bier (= bira) zum Beispiel oder Zeitungen oder Telefone. Ivrit hat somit Einflüsse von den unterschiedlichsten Sprachen. Viele dieser Lehnwörter stammen aus dem Russischen oder Arabischen. Das moderne Hebräisch hat aber auch Einflüsse aus dem Englischen, Deutschen, Jiddischen sowie Französischen:

–> Die Monatsnamen entsprechen den Deutschen, ausgenommen der August (= Ogust). Denn die Kombination „au“ ist im Hebräischen nicht üblich.

–> Wischer = Scheibenwischer

–> Dübel = Diebel (denn ein „ü“ gibt es im Hebräischen nicht)

–> switchen = להסוויץ׳ /lehasˈwitʃ

–> שטרודל  = Strudel. Wird auch für das @ verwendet.

In Return gibt es im Deutschen ebenfalls viele hebräische Lehnwörter – die in den meisten Fällen aus dem Jiddischen übernommen wurden:

–> malochen = melacha (Arbeit)

–> Stuss = schtut (Unsinn)

–> Es zieht wie Hechtsuppe = Hech suppa (starker Wind)

–> Ganove = ganav (Dieb)

–> Nicht mehr alle Tassen im Schrank haben oder eine trübe Tasse sein = leitet sich von dem jiddischen toshia = Verstand ab

–> geschlaucht = schlacha (zu Boden werfen)

–> Hals und Beinbruch = Vom klangähnlichen: Hazlacha uwracha! (Erfolg und Segen!)

–> angeschickert = šikōr (angetrunken, betrunken)

Blumen-Sprache

So. Und nun. Nesi’á tová! Gute Reise, denn es geht jetzt in die Grammatik. Am besten, wir springen gleich mitten hinein:

Zum Dual. Denn neben dem Singular und Plural kennt das Hebräische noch eine Paarform: Sie endet mit -ajim; kann allerdings nicht für alle Substantive gebildet werden:
–> יומיים (jomAJim) = zwei Tage

Der Dual wird aber z.T. auch als „normaler“ Plural verwendet. Zumeist für Dinge, die üblicherweise im Paar auftreten:
–>  עין [ˈajin] (Auge) –>  עיניים [e(j)ˈnajim] (Augen)

Eine weitere Besonderheit ist, dass es keine Gegenwartsform von „sein“ gibt. Wörtlich übersetzt bedeutet also die Frage: „Wer bist du?“ = „Wer du?“ sowie die Antwort: „Ich bin Sarah Maria.“ = „Ich Sarah Maria.“

Für die Vergangenheit und Zukunft lässt sich das Wort „sein“ hingegen abbilden:

הבית גדול [haˈbajit gaˈdol] –> Das Haus groß bzw. eben: Das Haus ist groß

הבית היה גדול [haˈbajit haˈja gaˈdol] –> Das Haus war groß.

הבית יהיה גדול [haˈbajit jiˈhje gaˈdol] –> Das Haus wird groß sein.

Ähnlich verhält es sich mit „haben“. Denn haben wiederrum hat keinen Infinitiv und wird daher in der Regel mit „es gibt“ umschrieben:
יש לי כלב – [jeʃ li ˈkelev] –> Bei mir gibt es einen Hund

Wie Erich Fromms „Haben oder sein“ im Hebräischen betitelt wird, lässt mich an dieser Stelle brennend rätselnd zurück: „Entweder geben oder nichts“? Oder: „Geben oder nicht-sein“? „Es gibt oder war“? ;)
–> Hebräisch ist, wie mir scheint, eine nicht gerade Ich-bezogene Sprache: Wenn bereits die Übersetzung solcher Titel ad absurdum ins positive Gegenteil verkehrt wird.

 Blumen

Und nun noch zu den Verben: Jene haben in der Regel eine Wurzel bestehend aus drei Konsonanten. Ältere Wörterbücher sortieren die Verben daher gern entsprechend ihren Wurzeln. Die neueren hingegen nach Infinitiven.

Je nach Konjugation werden diese Wurzeln mit Vokalen befüllt. Konjugiert wird in sieben verschiedenen Binjanim (= Gebäude). Drei dieser sieben sind aktiv, weiter drei passiv und eins reflexiv. In allen Binjanim kann eine Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart gebildet werden. Ein Beispiel (–> Quelle):

1) Pa‘al
–> Der häufigste Binjan. Immer aktiv. Über die Grundzeiten hinaus kann dort ein Partizip Perfekt gebildet werden. Außerdem ein Gerundium, Infinitiv und Imperativ.

2) Nif‘al
Nif‘al-Verben können Infinitiv, Imperativ und Gerundium bilden. Sie sind das passive Gegenstück zum Pa‘al. Allerdings wird im modernen Hebräisch das Passiv im Nif‘al vermieden. Dennoch haben die Verben im Nif‘al stets eine passive Bedeutung:
–> החלון נשבר – [haxaˈlon niʃˈbar] – Das Fenster zerbrach. = Nif‘al
–> הוא שבר את החלון – [hu ʃaˈvar et haxaˈlon] – Er zerbrach das Fenster. = Pa‘al

Manchmal bedeuten Nif‘al- und Pa‘al-Verben etwas Ähnliches:
–> a)  פגש (Nif‘al) und b) נפגש (Pa‘al) =
beide = sich treffen: a) ein zufälliges Treffen/ b) ein geplantes Treffen


3) Pi‘el
Immer aktiv. Verben die es im Pi‘el gibt, gibt es nicht im Pa‘al – und umgekehrt. Es gibt jedoch einige wenige Ausnahmen, bei denen das Pi‘el-Verb meist eine Steigerung des Pa‘al-Verbs ist.
–> קיפץ [kiˈpet͡s] (springen) Steigerung zu קפץ [kaˈfat͡s] (hüpfen)
oder sie haben eine kausative Beziehung zueinander
–> לימד [liˈmed] (lehren) und למד [laˈmad] (lernen)

4) Pu‘al
Pu‘al-Verben haben weder Gerundium, noch Imperativ oder Infinitiv. Sie sind das passive Gegenstück zum Pi‘el, werden aber eher selten verwendet:
–> מעניין [meanˈjen] (interessant) von עיניין [inˈjen] (interessieren)
Sie bilden aber auch häufig verwendete Adjektive:
–> מעוניין [meunˈjan] (interessiert) von עוניין [unˈjan] (etwa interessant finden)

5) Hif‘il
Immer aktiv. Hif‘il-Verben haben einen Imperativ, einen Infinitiv und ein Gerundium. Es finden sich oft ihre Gegenstücke in den anderen Binjanim:
–> הכתיב [hixˈtiv] (schreiben lassen, diktieren) und כתב [kaˈtav] (schreiben)

6) Huf‘al
Immer passiv. Huf‘al-Verben können keinen Imperativ, Infinitiv oder Gerundium bilden. Sie sind das passive Gegenstück zum Hif‘il:
–> מוכר [muˈkar] (bekannt), Partizip von הוכר [huˈkar], was Passiv zu הכיר [hiˈkir] (kennen (eine Person)) ist.

7) Hitpa‘el
Hitpa‘el-Verben können Infinitiv, Gerundium und Imperativ bilden. Sie haben meist einen reflexiven oder reziproken Sinn, außerdem impliziert ihre Verwendung meist, dass eine Handlung noch nicht abgeschlossen ist.
–> התרחץ [hitraˈxet͡s] (sich waschen), reflexiv zu רחץ [raˈxat͡s] (waschen)
–> התכתב [hitkaˈtev] (korrespondieren, im Briefwechsel stehen), reziprok zu כתב [kaˈtav] (schreiben)

Blog Blume Hebräisch

So. Und zum Abschluss können wir nun ein paar „Hallo, ich heiße…“ und ähnlich basale Sätze üben. Klick. Und: Mazel tov! <3

Ich sage an dieser Stelle Toda raba! Vielen Dank – für eure Aufmerksamkeit. Ich hoffe es hat euch gefallen. Das nächste und letzte Mal reisen wir dann gemeinsam nach Afrika.

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Hier die komplette Reihe:

–> Arabisch to go
–> Türkisch Melange
–> Hebräisch to your Heart–> Bantu for real

Türkisch Sprache Blume

Türkisch Melange

Meine Blogparade „Blogs gegen Hass“ setzt nun so langsam zum Endspurt an, zum Finish. Jedoch: Keine Panik! Bis einschließlich dem 28. Februar ist noch Zeit. Zeit genug also, um sich in Bild, Schrift oder Ton gegen Hass und für Toleranz zu konzept- oder akzentuieren. <3

Ja. Und anlässlich eben dieser jenen Blogparade habe ich mir eine Sprach-Reise fantasiert: Um ganz ohne Umwege auf basis-kommunikativer Ebene für mehr Verständnis zu werben: Miteinander zu sprechen. Sich Hallo zu sagen.

Ihr erinnert euch sicher noch: Vor wenigen Tagen, am letzten Freitag, habe ich mit ein bisschen Feenstaub á la Arabesque um mich gepudert. Ja! Und hoffe nun: Es schimmert in euch nach. Verlangt nach mehr. Nach ein wenig apperieren – vielleicht. Im Harry Potter’schen Sinne: Nach Neugier. Nach Reise! –> Die sich wie versprochen diesmal in der Türkei austoben darf. Also: Hadi bakalım! Auf geht’s!

Zu einer Sprache, die rund 65 Millionen Menschen als Muttersprache sprechen. Zuzüglich 20 Millionen als Zweitsprache. Nun! Und bevor wir anfangen, uns ins Eingemachte zu begeben, zur gemeinsamen Kostprobe schreiten: Möchte ich als Vorab-Briefing im Fahrstuhl (durch die Welt) noch Folgendes liefern:

–> Es gibt rund 40 verschiedene Turksprachen, mit insgesamt ca. 180 Millionen Sprechern.

–> Türkisch hat dabei die größte Verbreitung, gefolgt von Aserbaidschanisch, Usbekisch und Uigurisch.

–> Aserbaidschanisch (<– als Beispiel) wird dabei nicht nur in Aserbaidschan gesprochen, sondern ist mit 14 Millionen Muttersprachlern die wichtigste Turksprache im Iran. Der Iran hat insgesamt rund 75 Millionen Einwohner, die Amtssprache ist Persisch, die von ca. 53% der Bevölkerung als Muttersprache gesprochen wird.

–> Zum Vergleich: Deutschland hat rund 80,5 Millionen Einwohner, von denen etwa 3 Millionen Menschen als Mutter- oder Zweitsprache Türkisch sprechen.

Die älteste bekannte türkische Schrift besteht aus rund 38 Runen. Erst ab dem 10. Jhd. wurde für das Türkische das arabische Alphabet verwendet und bis zur Ausrufung der Republik im Jahre 1923 beibehalten: Kurz darauf wurde das lateinische Alphabet eingeführt. Es folgten Bestrebung Wörter, die über die Jahrhunderte hinweg aus dem Arabischen und Persischen in die türkische Sprache eingeflossen waren, durch neugebildete oder traditionelle türkische Wörter zu ersetzen. Dennoch bzw. trotzdem gibt es in der türkischen Sprache heute rund 6600 Lehnwörter aus dem Arabischen, gefolgt von fast 5000 aus dem Französischen und gerade mal 85 aus dem Deutschen. Darunter z.B. Schnitzel (= şinitsel) oder Autobahn (= otoban). Insgesamt umfasst die Türkische Sprache heute etwa 14% Lehnwörter.

Andersherum – also deutsche Wörter, die dem Türkischen entlehnt wurden – gibt es mit ca. 150 ebenfalls nur wenige. Einige, insbesondere kulinarische Beispiele wären:

Joghurt –> Yoğurt –> yoğun (= dicht, dickflüssig)

Kaviar –> Havyar

Döner –> Dönmek (= sich drehend)

Schabracke –> çaprak (= Satteldecke)

Türkisch Blog Bild

Türkisch ist vor allem eins: Eine Sprache mit viel Mut zum Detail. Sie ist sehr pittoresk und erfordert viel Aufmerksamkeit mit genauem Zuhören: Person, Zeit und Fall werden in die Wörter integriert. Und so zum gewünschten Ausdruck gebracht: mit Sinn gefüllt. Das kann ganz harmlos und unscheinbar sein, wie:

-li/-lı/-lu/-lü –> Die Endungen bedeuten „stammend aus“:

Bremenli = der Bremer/ die Bremerin

Bonnlu = der Bonner/ die Bonnerin

Kölnlü = der Kölner/ die Kölnerin

Diese Verlängerungen, die Endungen werden jedoch nicht irgendwie oder gar einfach so drangezimmert – sondern sie müssen stets zum Klang des Wortes passen. Im Türkischen wird Vokalharmonie überaus geschätzt. Das bedeutet: Ein Wort darf (bis auf wenige Ausnahmen) in seiner sinngebenden Endung nur entweder helle Vokale (e, i, ö, ü) oder aber nur dunkle Vokale (a, ı, o, u) enthalten:

–> Köy (= Dorf). Köyler (= Dörfer). Köylerde (in den Dörfern).

Doch das ist nur der Anfang, die Spitze des Aysberg (= Eisberg, ein weiteres Lehnwort im Türkischen aus dem Deutschen): Der Unterbau. Denn die kombinierende Verwurzelung der Sprache, die Bündelung eines ganzen Satzes in nur einem einzigen Wort, das ist das Herz des Türkischen:

büyüğüm –> ich bin groß
[bestehend aus gitmek (= gehen) und büyük (= groß)]

huzursuzsunuz –> ihr seid unruhig

evinizdeyiz –> Wir sind in eurem Haus.

Bei Filmtiteln ist das ganz besonders von Vorteil. Man muss nicht lange über knackigen Slogans sinnieren, sondern packt einfach sämtliche Informationen in zwei Wörter
–>
Uçurtmayı vurmasınlar –> Sie sollen den Drachen nicht runterschießen
Uçurtma-yı vur-ma-sın-lar –> Drachen-den runterschießen-nicht-sollen-sie.

Türkisch Einführung

Im Deutschen beschränken wir uns auf Aktiv & Passiv in Sachen Genera Verbi. Die türkische Sprache. Nicht. Sie schwingt noch einen Kausativ (= veranlassend), einen Reflexiv (= auf sich selbst bezogen) und einen Reziprok mit hinein – ins Stimmengewirr.

Ja! Und: Dies nehmen wir mal als Anlass, als Grundstein: Unsere grammatikalische Zementierungen einzureißen. Alles neu zu denken: Sprache neu aufzurichten. Ausdruck unberührt zu sortieren:

Im Deutschen, da kennen wir es so: Verben bekommen ihre Bedeutung, ihren Zusammenhang, ja, ihren Sinn durch die Zeit (wie z.B. Zukunft, Vergangenheit, Gegenwart), sowie unsere Modi (Indikativ – Konjunktiv – Imperativ). ich schreibe, schrieb, wurde beschrieben. Ohne diese grammatikalischen Hilfsmittel können wir unmöglich feststellen, wie ein Satz gemeint ist, an wen er sich richtet und wann etwas geschehen ist.

Im Türkischen gibt es dieses System: Nicht.
Nicht so. Jedenfalls.

Im Türkischen haben die Zeiten zwar ebenso modale, wie aspektbezogene Bedeutungen. Zeit und Modi werden aber gewissermaßen nicht getrennt voneinander behandelt, sondern stehen auf einem gemeinsamen Bedeutungshorizont. Sie sind brachial ausgedrückt eine gemeinsame fließende Kategorie: Während das gute alte Präsens zum Beispiel auch im Türkischen eine eher zeitbezogene Bedeutung hat, bildet der uns unbekannte Nezessitativ (Notwendigkeitsform) eine Art simultane Zwischenform: Zwischen Modi und Zeit.

–> Ein Beispiel könnt ihr euch dort in der Tabelle anschauen: Klick.

Eine weitere uns Unbekannte Gestalt ist der Optativ: Der Optativ ist in vielen Sprachen ein Modi des Wunsches, ein Ausdruck dessen was möglich ist – unter Umständen. Es gibt ihn u.a. im Altgriechischen, in einigen alten germanischen Sprachen, im Sanskrit, dem Finnischen und eben dem Türkischen. Sowie sogar im Sindarin –> das ist die Sprache, die J.R.R. Tolkin in seinen Romanen eigens für die Elben entwickelt hat.

Bild Türkisch Blume

Türkisch kleckert nicht: Türkisch ist per Definition eine agglutinierende Sprache = anleimen, anheften. Sie verbindet ihre Wörter miteinander und sie spricht. Viel. Sehr viel: Good old Duden umfasst ca. 500.000 Wörter, der Büyük Türkçe Sözlük (= Das große Türkische Wörterbuch) 616.767. Und da das kein Wettbewerb ist, würde ich trotzdem sagen, dass wir die fehlenden 116.767 Wörter gleich mal beginnen aufzuholen: Klick! 

Ich hoffe es hat euch gefallen – die Reise. Und bei unserer nächsten Station heißt es dann:

Shalom! <3

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Hier die komplette Reihe:

–> Arabisch to go
–> Türkisch Melange
–> Hebräisch to your Heart
–> Bantu for real