Reif für ihn sind wir schon längst, der Herr S. und ich. Und jetzt haben wir ihn auch: Urlaub! Ferien. Nichts tun. Endlich. Mein letzter ist (mal sparsam ausgedrückt) lange her: Weihnachten. Gut. Sicher: Kürzlich hatte ich eine Woche frei – in jener aber sind wir umgezogen. Und inmitten von Kisten sowie wüst-wilden Packaktionen fällt es doch einigermaßen schwer den dazumal offiziell verpassten Aggregatzustand des Urlaubhabens als realistische Sprach-Abbildung der Realität zu akzeptieren.
Im also heute beginnenden höchstersten Urlaub diesen Jahres haben der Herr S. und ich uns zunächst einmal gesetzt. In einen Bus. Minütlich gleich nachdem ich das Büro mit fliegenden Fahnen, einem Koffer und drei Wagenladungen Handgepäck verließ. Eben hinein in den Bus: mit Wlan, Steckdose und der überaus hervorragenden Eigenschaft, dass er plant nach Prag zu reisen. Samt uns. Selbstverständlich. Dort nämlich gedenken der Herr S. und ich die nächste Woche herumzuurlauben.
Kafka haben wir natürlich auch dabei. Und Kekse. Und überhaupt jede Menge große und kleine Amüsements. Denn der Bus und wir sind nun ersteinmal für 10 Stunden ein wild entschlossenes Team. Ein Team, das sich nun gerade erst kurz hinter Braunschweig befindet. Aber nun dort eben wild entschlossen.
Ja. Selbst die Beine des Herrn S. befinden sich derzeit noch in einem recht gut durchbluteten Zustand. Wir sitzen hinten. Ganz hinten. So dass der 1-Meter-96-ische Herr S. seine Beine in voller Länge durch den Bus krabbeln lassen kann.
Und nun eben diesen jenen Platz haben wir unserer fein ausgetüftelten Arbeitsteilung hinsichtlich der jeweils vorhandenen Begabungen zu verdanken:
Ich. Nun. Stand pünktlich, panisch, preußisch als erste in der Schlange vor dem Bus. Scharrte mit den Füßen. Raspelte in hitziger Überzeugung den Asphalt: Ich könnte ihn verpassen, den Bus. Ihn einfach übersehen, in den möglichen Slots des Bremer Fernbus-Bahnhofs. In den wahnsinnigen ganzen vielen. Fünf. Und stürmte mit Ankunft des Busses urgleich durch einen eben erst möglich gewordenen Spalt in der Bustür. Hinein.
Der Mann der-w—-e—-i—-l, kümmert sich. Liebevoll und ganz grundsätzlich. In holder Ruhe. Um die Koffer. Seine Schuhe. Seinen Kaffee. Um die Belange der Welt und sämtlich allen möglichen Welten. Blickte eventuell hier oder gar dort verträumt einem lyrisch dahinwehenden Blatt hinterher. Schaute verzückt beglückt umher – und tauchte dann quer durch alle Unwahrscheinlichkeiten hindurch als fröhlicher Fast-Zweiter in den Bus hinein.
Schafft es immer die sonst so unbesiegbare Raum-Zeit-Logik vollends nackt und irgendwie durchgenudelt dastehen zu lassen. Und mich „ein wenig zerzauselt“. Wie er stets mit tiefenentspannter Enteignung meines aktuellen Hochdramas festlegt. Einfach so. Mein Kampfstress Inferno in friedliche Watte hüllt, sie ein wenig geradepufft und einmal gegenstupst. Ein wenig Glitzer drüberbügelt. Und fertig. Sich in göttlicher Ruhe setzt, das Tablet zuckt und zu lesen beginnt. Ohne nennenswert aufzuschauen. Während ich noch acht Mal den Gang entlangrasen möchte – und statt dessen das Gerät von Handtaschen in Handtaschen á la Handgepäck zersortiere. Mich anschnalle und wieder ab und wieder an. Das volle Handy in die Steckdose durchprüfe. Zwölf „Wir fahren jetzt los“ SMS schreibe, zehn Handyfotos schieße. Email. Twitter. Und einen Blogartikel schreibe. Um dem Ganzen mehr plastische Realität-Präsenz zu geben.
Denn. Es geht jetzt los!
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