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Vegas. Baby.

Glück_im_Harz

Ihr wisst es sicher noch: Der Herr S. und ich waren kürzlich im Harz, genauer gesagt in Bad Harzburg. Und: Nach der Wanderung (aus dem letzten Posting), hielten wir denn nun Ausschau nach einem passenden samstäglichen Abendprogramm.

Googlen konnten wir nicht, da (wie zuvor bereits erwähnt) kein Internet die Gefilde der Ferienwohnung erreichte. Demnach stürzten wir uns also auf das nächst-naheliegendste: Das monochrom-bunte Bonusheftchen, welches wir zusammen mit den obligatorischen Kurkarten bekommen hatten. Es gab: Hier mal 30 Cent weniger auf Kaffee & Kuchen, anderswo gleich 10% Rabatt auf ALLES und noch wieder woanders, nämlich eben im kurbadischen Casino, einen 2-Euro-Jeton. Zum zwanglos-frohlockenden Verzocken.

Vor Ort wurden wir dann sogleich von einem weiteren super-mega-fancy Angebots-Special übermannt: Welches für 15 Euro p.P. die unerlässliche Menge Alkohol (2 Cocktails, 1 Bier, 1 Softdrink) bereithielt, sowie 10 Euro zum (Ver)Plantschen. Zum 2-Euro-Jeton. Oben drauf. Gewissermaßen.

Jene diese tatsächlich benötigte Alkoholmenge zur Basis-Enthemmung wurde etwaig in jahrelangen Studien ermittelt – oder aber ganz einfach Pi mal Daumen festgelegt. Das ist schwer zu sagen. Kameras jedenfalls gab es hinlänglich genug. Sämtlich alle Daten, die der Personalausweis so hergab, wurden außerdem mitgespeichert. Sowie eine Unterschrift oben drauf. Zur ultimativen Nest-Sicherheit. Bestimmt. Und so hatte ich, noch bevor es losging, das ungute Gefühl irgendwas gekauft zu haben. Was auch immer. Irgendwas, das sich kurzfristig womöglich aus einem der Automaten hinaufzulecken gedachte. Um die (meine) Seele mitsamt Wochenendzuschlag zu verlangen. Bestimmt.

Praktischerweise hatte das Universum für diese, jene oder andere Zwecke, Umstände (oder was auch immer) einen Geldautomaten inmitten des Casinos wachsen lassen. Einfach so. Ganz zwanglos. Natürlich. Und dieser jene Automat sollte – so ebenfalls der Wille des Universums – auch der einzige bleiben, aus dem an diesem Abend Geld floss. Wirklich Geld floss. Deswegen standen die Menschen dort auch Schlange. Vermutlich. Sicherlich.

Obgleich uns der nette Herr im netten Anzug, der uns nett am Empfang empfing, ebenso zwang- und schwerelos berichtet, dass die Automaten direkt neben dem Eingang ja nun eigentlich die wären, die das Geld ausspucken. Dieses Jahr wäre der 200.000 schwere Jackpot (oder waren es 600.000? Oder gleich gar mehr?!) schon 2x geknackt worden. Das könnte, ja, möge womöglich heute durchaus wieder passieren. Eventuell. Dachte der Mann im Anzug (vielleicht) – und wir dann auch (vorerst sicher). Also steckten wir einjeder eine 50 Cent Münze hinein: Der Automat hustete einmal kurz. Machte sich genau genommen kaum die Mühe wenigstens kompromissbereit die Tonleiter hinaufzublinken. Und schon: Die Münzen waren weg. Ganz schnell. Ganz einfach. Ganz traurig. Ganz weg.

Derweil erzählte ich dem Herrn S. von einem meiner ruhmreichsten Momente. Ever. Nämlich: Als ich auf einer 20iger-Jahre Party beim Black Jack eine Sektpyramide gewann. Eine, die perlend glitzerte. Mit Spitzenhandschuhen, angemessen viel Monopoly-Geld und Stummfilmen im Hintergrund. Was handfest Solides also. An das wir anknüpfen sollten.

Doch. Statt einer rührseligen Sektpyramide bekamen wir nun allerdings einen pieps-sprechenden Roulette-Automaten – sowie außerdem einen schnöden Plastiknapf. Gefüllt mit unserem 20-Euro-Spielguthaben. Welches in seiner Menge vermutlich eine gewisse Zwang- und Sorglosigkeit suggerieren sollte. Bei mir allerdings stattdessen eine unangenehme Überblickslosigkeit entfesselte. Zusammen mit der Unangenehmheit der kompletten Fensterlosigkeit des Raumes, den drölfzig Millionen Kameras und den überall panisch umherblinkenden Automaten-Irrlichtern, begann ich mich in die trostlose Tragik der Situation reinzusteigern. Ließ diverse Münzen heimlich und einfach so nicht im Automaten, sondern in meiner Handtasche verschwinden. Schmiss sie einfach hinein. Wenn keiner guckte. In der Summe und genau genommen, machte das zwar keinen Unterschied. Sie waren dann halt weg. So oder so. Verschwunden in den schwarzen Tiefen der schwarzen Löchern des Universums. Aber nun.

Der Herr S. wiederum und für seinen Teil begann zunehmend müder zu werden. Wollte ins Bett. Seine 10 Euro möglichst schnell und möglichst spaßig auf Wahrscheinlichkeits-Bauchgefühle setzen. Setzte beim Automaten-Roulette gar auf einzelne Zahlen. Gewann dann auch noch. Solide und stetig. Ja. Während ich in maximal-hohen 50 Cent Schritten auf diverse 50/50-Chancen setzte: Rot oder schwarz. Gerade oder ungerade. Nichts oder nichts. Denn: Ich verlor. Fast immer.

Irgendwann hatte der Herr S. so ganz einfach und recht plötzlich keine Lust mehr. Unsere Getränke wanderten nunum bereits in Form von veränderten Botenstoff-Geflüster durch unsere Hirne, der Wander-Sauna-Tag zerrte so langsam an uns – und beim Roulette bewegten wir uns konstant innerhalb einer +/- Null-Rechnung – mit einem leichten Hang zum Minus. Kurzum: Es war öde. Wir beschlossen zu gehen. Den Plastik-Geldnapf einfach in meine Handtasche zu kippen. Zum heimeligen Rest.

Jedoch. Den einen, den welchen, den unseren 2-Euro-Jeton: Den hatten wir noch immer. Den wollten wir noch setzen. Doch eben jener ließ sich nur und ausschließlich an den „richtigen“ Roulettetischen im hinteren Bereich verwetten. Dort nun, herrschte allerdings ein ziemliches Gerangel, mit einer unangenehmen Dichte von Maulhelden und Schaumschlägern. Im Anzug. Und alle.

So dass wir bislang ganz einfach davon absahen. Kein Wort mehr darüber verloren, nachdem wir einen ersten Blick riskiert hatten. Doch lieber mit der Piepsstimme der Automaten sprachen. Aber nun. Es nütze ja schließlich nix. Und während wir noch debattierten, ob wir denn nun am 20. oder 21. Januar zusammengekommen waren. Noch tief in der Materie diskutierten, evaluierten und gedachten. Die Gesamtsituation gewissermaßen entwirrten. Da und genau dann. Fiel sie: Die 21. Ohne uns. Ganz still. Ganz so. Ganz einfach. Ganz tragisch.

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