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Hebräisch to your Heart

Es sind nun schon über 30 Beiträge für meine Blogparade „Blogs gegen Hass“ en bloc! Gewissermaßen. <3 Ich habe sie alle unter dem Aufruf verlinkt. Ihr könnt, dürft, sollt dort gerne stöbern. – Und natürlich auch mitmachen: Bis einschließlich dem 28. Februar ist noch Zeit für einen Beitrag.

Ja: Und anlässlich dieser, meiner Blogparade nehme ich euch mit: Kopfüber mitten hinein in die Welt –> der Sprachen. Wir waren schon im Arabischen sowie Türkischen. – Und heute ist nun denn das Hebräische an der Reihe: Es geht also nach Israel! Shalom raw! Le’at, le’at (immer mit der Ruhe) – und los geht’s:

Wie gewohnt mit harten rüstigen Fakten:
Hebräisch gehört zu den afroasiatischen Sprachen und wird in seiner modernen Form hauptsächlich in Israel gesprochen. Aber z.B. auch von einer Minderheit in Polen sowie rund 200.000 Menschen in den USA. Insgesamt gibt es weltweit ca. 7 Millionen Menschen, die Hebräisch sprechen.

Zum Vergleich: Niederländisch kann mit etwa 26 Millionen Menschen hoch überbieten. Allein diese – vor lauter Tatsachen leuchtende Zahl – besitzt ausreichend interne, externe und rundherum Logik, um sämtlichen Weltverschwörungs-Deppen den Wind aus den Segeln nehmen. Möchte ich meinen. Leila tow! Gute Nacht. Und keine Ursache. Al lo dawar.

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Hebräisch ist jedoch nicht einfach Hebräisch: Es ist zu unterscheiden zwischen Alt-Hebräisch, das buchstäblich biblischen Alters ist, und dem modernen heutigen Hebräisch:

Mit der Eroberung Jerusalems 586 v. Chr. durch den babylonischen König Nebukadnezar II. (der übrigens anderorts den berühmten Turm zu Babel fertig optimieren ließ), wurde in Judäa Aramäisch als Amtssprache eingeführt: So dass das Hebräische unweigerlich empfänglich für Einflüsse dieser Sprache war und jene hier und dort aufnahm. Bis die hebräische Sprache rund 500 Jahre später und mit der Zerstörung des Zweiten Tempels zu Jerusalem (70 n. Chr.) nach und nach seine Bedeutung als Alltagssprache verlor: Denn das jüdische Leben verlagerte sich nun ins Exil nach Galiläa (dem heutigen Norden Israels), aber auch anderorts.

Die Sprache blieb zwar noch in ihrer Verwendung für Gottesdienste, wissenschaftliche oder philosophische Werke sowie als Mittel der Verständigung zwischen den jüdische Gemeinden weiterhin lebendig, verlor aber allmählich seine Existenz als Alltags- und Muttersprache. Es wurde oftmals die jeweilige Landessprache als die eigene bejaht und angenommen. Hebräisch fristete nun sein Dasein als Zweit- oder sogar Drittsprache. Über Jahrhunderte. Im Dornröschenschlaf sozusagen. Darauf wartend wachgeküsst zu werden. Nahezu wörtlich genommen.

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Erst im späten 19. Jhd. – also rund 1700 (!) Jahre später – gab es Bestrebungen Hebräisch als Muttersprache wieder aufzupäppeln: Elieser Ban-Jehuda, geboren im heutigen Kaliningrad (zwischen Polen und Litauen), gründete 1889 in Jerusalem den „Rat der hebräischen Sprache“ und verfasste dort das erste moderne hebräische Wörterbuch: Daraus entwickelte sich letztlich das heute verbreitete Ivrit = die Amtssprache Israels/ neben dem Arabischen.

In Sachen Schriftbild und Morphologie (= Wortgrammatik) hat Ivrit nur wenige Unterschiede zum biblischen Hebräisch. Dafür allerdings erhebliche hinsichtlich der Syntax (= Satzgrammatik), Phonetik/ Aussprache und selbstredend des Vokabulars. Denn in den letzten 1700 Jahren ist nunmal so einiges hinzugekommen: Bier (= bira) zum Beispiel oder Zeitungen oder Telefone. Ivrit hat somit Einflüsse von den unterschiedlichsten Sprachen. Viele dieser Lehnwörter stammen aus dem Russischen oder Arabischen. Das moderne Hebräisch hat aber auch Einflüsse aus dem Englischen, Deutschen, Jiddischen sowie Französischen:

–> Die Monatsnamen entsprechen den Deutschen, ausgenommen der August (= Ogust). Denn die Kombination „au“ ist im Hebräischen nicht üblich.

–> Wischer = Scheibenwischer

–> Dübel = Diebel (denn ein „ü“ gibt es im Hebräischen nicht)

–> switchen = להסוויץ׳ /lehasˈwitʃ

–> שטרודל  = Strudel. Wird auch für das @ verwendet.

In Return gibt es im Deutschen ebenfalls viele hebräische Lehnwörter – die in den meisten Fällen aus dem Jiddischen übernommen wurden:

–> malochen = melacha (Arbeit)

–> Stuss = schtut (Unsinn)

–> Es zieht wie Hechtsuppe = Hech suppa (starker Wind)

–> Ganove = ganav (Dieb)

–> Nicht mehr alle Tassen im Schrank haben oder eine trübe Tasse sein = leitet sich von dem jiddischen toshia = Verstand ab

–> geschlaucht = schlacha (zu Boden werfen)

–> Hals und Beinbruch = Vom klangähnlichen: Hazlacha uwracha! (Erfolg und Segen!)

–> angeschickert = šikōr (angetrunken, betrunken)

Blumen-Sprache

So. Und nun. Nesi’á tová! Gute Reise, denn es geht jetzt in die Grammatik. Am besten, wir springen gleich mitten hinein:

Zum Dual. Denn neben dem Singular und Plural kennt das Hebräische noch eine Paarform: Sie endet mit -ajim; kann allerdings nicht für alle Substantive gebildet werden:
–> יומיים (jomAJim) = zwei Tage

Der Dual wird aber z.T. auch als „normaler“ Plural verwendet. Zumeist für Dinge, die üblicherweise im Paar auftreten:
–>  עין [ˈajin] (Auge) –>  עיניים [e(j)ˈnajim] (Augen)

Eine weitere Besonderheit ist, dass es keine Gegenwartsform von „sein“ gibt. Wörtlich übersetzt bedeutet also die Frage: „Wer bist du?“ = „Wer du?“ sowie die Antwort: „Ich bin Sarah Maria.“ = „Ich Sarah Maria.“

Für die Vergangenheit und Zukunft lässt sich das Wort „sein“ hingegen abbilden:

הבית גדול [haˈbajit gaˈdol] –> Das Haus groß bzw. eben: Das Haus ist groß

הבית היה גדול [haˈbajit haˈja gaˈdol] –> Das Haus war groß.

הבית יהיה גדול [haˈbajit jiˈhje gaˈdol] –> Das Haus wird groß sein.

Ähnlich verhält es sich mit „haben“. Denn haben wiederrum hat keinen Infinitiv und wird daher in der Regel mit „es gibt“ umschrieben:
יש לי כלב – [jeʃ li ˈkelev] –> Bei mir gibt es einen Hund

Wie Erich Fromms „Haben oder sein“ im Hebräischen betitelt wird, lässt mich an dieser Stelle brennend rätselnd zurück: „Entweder geben oder nichts“? Oder: „Geben oder nicht-sein“? „Es gibt oder war“? ;)
–> Hebräisch ist, wie mir scheint, eine nicht gerade Ich-bezogene Sprache: Wenn bereits die Übersetzung solcher Titel ad absurdum ins positive Gegenteil verkehrt wird.

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Und nun noch zu den Verben: Jene haben in der Regel eine Wurzel bestehend aus drei Konsonanten. Ältere Wörterbücher sortieren die Verben daher gern entsprechend ihren Wurzeln. Die neueren hingegen nach Infinitiven.

Je nach Konjugation werden diese Wurzeln mit Vokalen befüllt. Konjugiert wird in sieben verschiedenen Binjanim (= Gebäude). Drei dieser sieben sind aktiv, weiter drei passiv und eins reflexiv. In allen Binjanim kann eine Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart gebildet werden. Ein Beispiel (–> Quelle):

1) Pa‘al
–> Der häufigste Binjan. Immer aktiv. Über die Grundzeiten hinaus kann dort ein Partizip Perfekt gebildet werden. Außerdem ein Gerundium, Infinitiv und Imperativ.

2) Nif‘al
Nif‘al-Verben können Infinitiv, Imperativ und Gerundium bilden. Sie sind das passive Gegenstück zum Pa‘al. Allerdings wird im modernen Hebräisch das Passiv im Nif‘al vermieden. Dennoch haben die Verben im Nif‘al stets eine passive Bedeutung:
–> החלון נשבר – [haxaˈlon niʃˈbar] – Das Fenster zerbrach. = Nif‘al
–> הוא שבר את החלון – [hu ʃaˈvar et haxaˈlon] – Er zerbrach das Fenster. = Pa‘al

Manchmal bedeuten Nif‘al- und Pa‘al-Verben etwas Ähnliches:
–> a)  פגש (Nif‘al) und b) נפגש (Pa‘al) =
beide = sich treffen: a) ein zufälliges Treffen/ b) ein geplantes Treffen


3) Pi‘el
Immer aktiv. Verben die es im Pi‘el gibt, gibt es nicht im Pa‘al – und umgekehrt. Es gibt jedoch einige wenige Ausnahmen, bei denen das Pi‘el-Verb meist eine Steigerung des Pa‘al-Verbs ist.
–> קיפץ [kiˈpet͡s] (springen) Steigerung zu קפץ [kaˈfat͡s] (hüpfen)
oder sie haben eine kausative Beziehung zueinander
–> לימד [liˈmed] (lehren) und למד [laˈmad] (lernen)

4) Pu‘al
Pu‘al-Verben haben weder Gerundium, noch Imperativ oder Infinitiv. Sie sind das passive Gegenstück zum Pi‘el, werden aber eher selten verwendet:
–> מעניין [meanˈjen] (interessant) von עיניין [inˈjen] (interessieren)
Sie bilden aber auch häufig verwendete Adjektive:
–> מעוניין [meunˈjan] (interessiert) von עוניין [unˈjan] (etwa interessant finden)

5) Hif‘il
Immer aktiv. Hif‘il-Verben haben einen Imperativ, einen Infinitiv und ein Gerundium. Es finden sich oft ihre Gegenstücke in den anderen Binjanim:
–> הכתיב [hixˈtiv] (schreiben lassen, diktieren) und כתב [kaˈtav] (schreiben)

6) Huf‘al
Immer passiv. Huf‘al-Verben können keinen Imperativ, Infinitiv oder Gerundium bilden. Sie sind das passive Gegenstück zum Hif‘il:
–> מוכר [muˈkar] (bekannt), Partizip von הוכר [huˈkar], was Passiv zu הכיר [hiˈkir] (kennen (eine Person)) ist.

7) Hitpa‘el
Hitpa‘el-Verben können Infinitiv, Gerundium und Imperativ bilden. Sie haben meist einen reflexiven oder reziproken Sinn, außerdem impliziert ihre Verwendung meist, dass eine Handlung noch nicht abgeschlossen ist.
–> התרחץ [hitraˈxet͡s] (sich waschen), reflexiv zu רחץ [raˈxat͡s] (waschen)
–> התכתב [hitkaˈtev] (korrespondieren, im Briefwechsel stehen), reziprok zu כתב [kaˈtav] (schreiben)

Blog Blume Hebräisch

So. Und zum Abschluss können wir nun ein paar „Hallo, ich heiße…“ und ähnlich basale Sätze üben. Klick. Und: Mazel tov! <3

Ich sage an dieser Stelle Toda raba! Vielen Dank – für eure Aufmerksamkeit. Ich hoffe es hat euch gefallen. Das nächste und letzte Mal reisen wir dann gemeinsam nach Afrika.

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Hier die komplette Reihe:

–> Arabisch to go
–> Türkisch Melange
–> Hebräisch to your Heart–> Bantu for real

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